Telefon: 0561 4992-0

13.07.2022

Böhmischer Traum

Ein Reisetagebuch vom Partnerschaftsaustausch in Vrchlabí von Lars Koch

Eine herrliche Kulisse: Das Schloss Hohenelbe mit der Parkanlage ist heute Teil des Rathauses von Vrchlabi. 
Eine herrliche Kulisse: Das Schloss Hohenelbe mit der Parkanlage ist heute Teil des Rathauses von Vrchlabi.

„Wenn ich träume in der Nacht, träume ich immer von dir...“, mit diesen Worten beginnt der Böhmische Traum von Norbert Gälle aus dem Jahr 1997. Als jemand, der das erste Mal an die Hohenelbe in Vrchlabí zum Partnerschaftsaustausch gefahren ist, war ich besonders gespannt, was uns auf der Reise alles erwarten würde. Mit Kleinbussen und Privat-PKW machten wir uns bei bestem Wetter am frühen Mittwochmorgen auf nach Tschechien. Stau auf der Autobahn ließ uns frühzeitig auf abenteuerliche, aber sehr schöne Serpentinstraßen im Umland des Riesengebirges ausweichen. Nach fast 16 Stunden waren wir endlich am Ziel.

Die Region, in der unsere Partnerstadt Vrchlabí liegt, ist eng verbunden mit der deutschen Geschichte, mit Vertreibung, Krieg und Leid aber auch vielen schönen Erinnerungen. So haben viele Mitreisende, genau wie ich, Verwandtschaft oder Eltern/Großeltern mit Wurzeln in der Region um das Riesengebirge. Empfangen wurde unsere Baunataler Reisegruppe am Rathaus, welches sich als opulentes Schloss herausstellte. Die Freude in den Gesichtern zeigte mir deutlich, dass Corona zwar blöd ist, aber diese starke Freundschaft zwischen den Menschen nicht zerstört hat. Jeffrey Miller und Radek Hanus, die Vorsitzenden der Arbeitskreise auf deutscher und tschechischer Seite, bedankten sich bei Ihren Begrüßungsstatements bei den Teilnehmenden und stimmten schon einmal auf den nächsten Abend ein, an dem das gemeinsame Konzert der Musikschulen aus Baunatal und Vrchlabi stattfinden sollte. Aus Baunatal waren hierzu schon am Sonntag die Musikschule unter der Leitung von Musikschulleiter Joachim Arndt mit ihrem Celloensemble angereist.

V.l.n.r.: AG-Vorsitzende Radek Hanus & Jeffrey Miller, Oberbürgermeister Jan Sobotka & Bürgermeisterin Manuela Strube bei der Einpflanzung des Gastgeschenkes aus Baunatal. 
V.l.n.r.: AG-Vorsitzende Radek Hanus & Jeffrey Miller, Oberbürgermeister Jan Sobotka & Bürgermeisterin Manuela Strube bei der Einpflanzung des Gastgeschenkes aus Baunatal.

Die erste Nacht ging viel zu schnell um, doch der Morgen hielt bereits ein weiteres Highlight für unsere Gruppe bereit: Bei einem Stadtrundgang zeigte man uns, wie sich Vrchlabi in den letzten Jahren entwickelt hat und der stellv. Bürgermeister beantwortete die Fragen unserer neugierigen Baunataler Gruppe. Ich merkte aber schnell, dass viele der Anwesenden scheinbar seit mehreren Jahrzehnten an den Fahrten teilgenommen haben und deshalb die hübsche, buntgewürfelte Altstadt mindestens genauso gut kennen, wie den Langenberg, die Bauna oder den Marktplatz.

Ein Highlight war das abendliche Konzert im Foyer des Schlosses, das restlos überfüllt den Darbietungen eine Bühne bot. Höhepunkt war das gemeinsame Spiel der beiden Musikschulleitungen und die abschließende Europahymne. Anschließend kehrten wir in der Stadt gemeinsam ein und sorgten erneut für eine kurze Nacht. Der Ausflug zur barocken Anlage „Kuks“ und der gemeinsame Partnerschaftsabend führten uns an diesem Tag tiefer in das Riesengebirge und boten unserer Gruppe noch weitere Eindrücke der Landschaft.

Der gemeinsame Abend, der standesgemäß bei regionaler Kost - den böhmischen Knödeln - und deftigem Allerlei gefeiert wurde, endete in der Absichtsbekundung, die Freundschaft weiter zu intensivieren. Jeffrey Miller, der das erste Mal in seiner neuen Rolle als Vorsitzender des Arbeitskreises mitfuhr, betonte, dass die Partnerschaft wichtiger denn je sei und freut sich schon auf die nächsten Treffen - dann hoffentlich wieder im vollbesetzten Reisebus. Den letzten Tag vor der Rückreise nutzen wir, um Zeit mit den Gastfamilien zu verbringen und um die Gegend noch einmal auf eigene Faust zu erkunden. Im Nachbarort Spindlermühle, der im Winter ein Eldorado für Wintersportbegeisterte ist, war Jahrmarkt und das Wetter trotz anderer Prognose auf unserer Seite. Der Abschied rückte näher und nach dem gemeinsamen Konzertbesuch in der Klosterkirche ließen wir den Abend erneut bei deftigen Speisen ausklingen. Am nächsten Morgen endete unser Aufenthalt und wir machten uns müde aber glücklich auf, zurück nach Baunatal. Besonders bewegt hat mich die tiefe Freundschaft, die auch dadurch zum Ausdruck gebracht wurde, dass unsere Gruppe im Namen der Stadt Grabgestecke bei verstorbenen Austauschfamilien auf die Gräber legte. Die Geschichten zu hören war sehr berührend und werde ich noch einmal separat aufgreifen. Schon jetzt freue ich mich auf das nächste Treffen in Baunatal im kommenden Jahr.